KI als Chance oder Bedrohung für den Technischen Redakteur? Bericht von der tekom-Tagung, 3. Teil

von Fabian Klopfer am 21. November 2019

Der Begriff Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Phantom. Jeder Mensch assoziiert sofort etwas damit, doch die Vorstellungen sind selten deckungsgleich.

  • Ist KI ein Algorithmus, der uns nach dem Online-Kauf eines Bettes automatisch Werbemails von Matratzenfirmen schickt?
  • Ist KI die Rettung der Menschheit, die in nicht allzu ferner Zukunft all unsere Probleme löst (Klimawandel, Weltfrieden, Warpantrieb)?
  • Oder ist KI einfach nur ein Rechenprogramm, das unsere Wecker nach 23.59 Uhr automatisch auf 0.00 Uhr umspringen lässt?

Die wahrscheinlichste Antwort auf dieses Phänomen: KI ist alles davon. Denn eine allgemeingültige Definition von Künstlicher Intelligenz gibt es nicht, wie Referenten bei der tekom-Jahrestagung mehrfach betonten.

Um dem Thema dennoch näher zu kommen, handelten zahlreiche Vorträge von Künstlicher Intelligenz im Allgemeinen und ihrem Einsatz in der technischen Dokumentation im Speziellen. Als aktuelles Anwendungsgebiet hat sich dabei das Internet of Things herausgestellt, die Anbindung von allen möglichen technischen wie mechanischen Geräten ans Internet. Wie fehleranfällig dies noch ist, erfuhren zwei Schema-Mitarbeiter, als ihre ausgeklügelte Live-Geräteschau während eines Vortrags nicht funktionierte.

Große Unsicherheit beim Thema KI

Die Unsicherheit sowie das Interesse bei dem Thema KI ist groß. Niemand will die Zukunft verschlafen und bei den neuesten Trends abgehängt werden.

Gleichzeitig gibt es die Angst, durch KI überflüssig zu werden. Braucht es überhaupt noch Technische Redakteure, wenn ein automatisiertes Programm das Schreiben übernimmt (zum Gruseln)? Braucht es noch vielseitige Produktanleitungen, wenn „smarte“ Geräte jede gewünschte Aktion per Sprachsteuerung ausführen und Fragen im direkten „Gespräch“ besser beantworten als jedes Handbuch?

Die Antwort auf diese Fragen ist so schlicht wie unbefriedigend: Wir wissen es nicht.

Natürlich, niemand kann die Zukunft vorhersagen, aber selbst Trends für die nächsten fünf oder gar zehn Jahre sind bei dem aktuellen Tempo der technischen Entwicklung unmöglich seriös vorherzusagen.

  • Werden Chat-Bots, ein weiteres Trend-Thema der Konferenz, sich durchsetzen? Niemand weiß es.
  • Werden in zehn Jahren unsere Kühlschränke automatisch mit Amazon-Lieferdrohnen kommunizieren und die Biervorräte auffüllen, ohne dass wir etwas davon mitbekommen? Niemand weiß es.
  • Werden eines Tages Maschinen, im Streben eine perfekte Welt zu erschaffen, die Menschheit auslöschen? Niemand weiß es.

Technologischer Wandel als Chance für Technische Redakteure

Doch gerade diese Unsicherheit, die bei vielen Vorträgen und auch bei Nachfragen aus dem Publikum anklang, ist gleichzeitig eine Chance. Die Zukunft ist nicht festgeschrieben, jeder kann sie mitgestalten. Und, so seltsam es klingen mag, Technische Redakteure sind sehr gut geeignet, diesen Wandel mitzugestalten.

Jede KI basiert, zumindest noch, darauf, was Menschen ihr an Parametern vorgeben. Keine Rasenmäher-KI wird urplötzlich zu einem Schachcomputer. Bei der Erstellung künstlicher Intelligenzen sind neben Programmierkenntnissen also auch Erfahrungen in Wissensarchitektur und der Aufbereitung von Informationen vonnöten, soll die KI einen echten Mehrwert bringen. Fähigkeiten also, die viele Technische Redakteure von Haus aus mitbringen.

Ist KI also eine Bedrohung für den Beruf des Technischen Redakteurs? Einerseits ja, denn so manche traditionelle Aufgabe eines Redakteurs kann und wird in Zukunft von einer KI erledigt. Andererseits ist sie auch eine große Chance, denn sie bietet Technischen Redakteuren die Möglichkeit, den technologischen Fortschritt innerhalb seines Kompetenzrahmens aktiv mitzugestalten.

Mit Sicherheit wird sich die tekom auch die kommenden Jahre diesem Thema mit Vorträgen und Workshops widmen. Denn verschlafen will die Zukunft wirklich niemand.

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