Wissen macht schön. So werden Sie ein erfolgreicher Wissensmanager

von Ulrike Parson am 10. September 2015

Wissen spielt eine wichtige Rolle für den Erfolg eines Unternehmens. Es trägt dazu bei, Alleinstellungsmerkmale zu schaffen, und es ist eine zentrale strategische Ressource bei der Entwicklung und Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen.

"If you have an apple and I have an apple and we exchange these apples then you and I will still each have one apple. But if you have an idea and I have an idea and we exchange these ideas, then each of us will have two ideas."

George Bernhard Shaw

Wissen ist wertvoll

Je besser Unternehmen ihr Wissen nutzen, vernetzen und rascher als ihre Mitbewerber ausbauen, umso besser können sie sich auf dem Markt behaupten. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens wird also nicht nur durch seine Produktionsergebnisse bestimmt, sondern auch von seinem intellektuellen Kapital, dem Wissen seiner Mitarbeiter.

Leider konzentrieren sich Unternehmen in ihren Bilanzen weitgehend auf das Sachvermögen. Der tatsächliche Wert eines Unternehmens liegt aber bei den Menschen, und die Entwicklung dieses Vermögens ist eine Zukunftsaufgabe. Verlässt ein hervorragender Ingenieur, der Patente oder Softwareprogramme entwickelt hat, das Unternehmen, fällt der vernachlässigte Wert von Intellectual Capital schmerzhaft ins Gewicht.”

Leif Edvinsson, Vice President and Corporate Director of Intellectual Capital & Skandia Future Center1

Was ist Wissen?

“Wissen ist die Kombination von Daten und Information, unter Einbeziehung von Expertenmeinungen, Fähigkeiten und Erfahrung, mit dem Ergebnis einer verbesserten Entscheidungsfindung. Wissen kann explizit und/oder implizit, persönlich und/oder kollektiv sein.”2

Explizites Wissen ist übertragbares Wissen. Es wird artikuliert, kommuniziert, dokumentiert, gespeichert. Es ist für andere zugänglich. Beispiele sind Berichte, Bauanleitungen und Handbücher.

Implizites Wissen, auch stilles Wissen genannt, ist nur schwer übertragbar. Es entsteht im Laufe unserer Entwicklung durch Erfahrung. Häufig sind wir uns nicht einmal bewusst, über implizites Wissen zu verfügen. Wir können etwas, ohne zu wissen, dass wir es können. Zum Beispiel  binden wir uns morgens die Krawatte, ohne uns jedes Mal in Erinnerung rufen zu müssen, wie.

Wissensbedarf in Unternehmen

Täglich stellen Mitarbeiter Fragen. Oder sie suchen nach Informationen, die sie für die Lösung ihrer Aufgabe benötigen – und das meistens unter Zeitdruck. Das Wissen, das ihnen fehlt, kann aus verschiedenen Bereichen kommen und aus verschiedenen Gründen nicht verfügbar sein:

Wissensbedarf im Unternhehmen. © parson, Orlando Florin Rosu - Fotolia.com

Was ist Wissensmanagement?

Ein Unternehmen ist nur dann erfolgreich, wenn seine Mitarbeiter über das erforderliche Wissen, das Know-how, verfügen. Dieses Wissen zu erschließen und zu nutzen, ist die Aufgabe des Wissensmanagements. Doch was bedeutet Wissensmanagement eigentlich? Alles aufzuschreiben und sorgfältig zu archivieren? Nein, das wäre Informationsmanagement. Schulungen durchzuführen? Das wäre Wissensaufbau.

Wissensmanagement bedeutet, verschiedene Mittel für die Verwaltung von Wissen zusammenzustellen und einzusetzen – abhängig von den Anforderungen und Gegebenheiten Ihres Unternehmens. Auch wenn sich Dokumente und Schulungen zum Lernen und Wissensaufbau eignen, so festigt sich Wissen doch nur durch eigenes Handeln und gemeinsame Arbeit. Denn

Wissen ist der einzige Rohstoff, der sich bei Gebrauch vermehrt. Wissensmanagement bedeutet, das Wissen im Unternehmen geschickt zu organisieren und bewusst damit umzugehen.

Diese Definition der Handelskammer Österreich trifft es m. E. gut: "Wissensmanagement zielt darauf ab, bestehendes Wissen zu erkennen, zu erhalten, zu vernetzen und neues Wissen zu schaffen und schließlich zielorientiert einzusetzen."3

So führen Sie Wissensmanagement in Ihrem Unternehmen ein

Jedes Unternehmen verfügt bereits über ein Wissensmanagement, bewusst oder unbewusst. Denn ohne den Austausch von Wissen könnte kein Unternehmen funktionieren. Auch verfügt jedes Unternehmen über eigenes, spezielles Wissen. Welches Wissen erfasst und zur Verfügung gestellt wird, hängt vom Bedarf des Unternehmens, seiner Mitarbeiter und nicht zuletzt seiner Kunden ab. Wissensmanagement ist also für jedes Unternehmen anders.

Mensch, Organisation, Technik

Wissensmanagement verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der aus drei Komponenten besteht: Mensch, Organisation und Technik. Diese drei Komponenten wirken immer zusammen, und keine darf in einem erfolgreichen Wissensmanagement fehlen. Ein IT-System alleine macht kein erfolgreiches Wissensmanagement. Sie müssen auch die erforderlichen organisatorischen Strukturen in Ihrem Unternehmen schaffen und Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit geben, diese Strukturen und die Technik zu nutzen.

Der ganzheitliche Ansatz. © parson, texelart | Fotolia.com

Mensch: Er steht im Mittelpunkt, denn er verfügt über das Wissen. Der Mensch ist der Wissensträger, dem Sie Instrumente und Lösungen für den Umgang mit Wissen zur Verfügung stellen.

Organisation: Hier geht es um die Integration von Wissensmanagement in Ihre Unternehmensstrukturen und -abläufe. Zur Organisation gehören auch die Ziele, die Sie mit dem Wissensmanagement verfolgen, sowie die Methoden, die Sie für die Einführung von Wissensmanagement verwenden.

Technik: Dies sind die technischen Hilfsmittel, die Sie für die Einführung von Wissensmanagement nutzen. Dabei kann es sich um bereits vorhandene Informations- und Kommunikationssysteme oder neu anzuschaffende Systeme handeln, z. B. Wissensdatenbanken.

Doch wo beginnen Sie, wenn Sie Wissensmanagement einführen wollen? Wie finden Sie den richtigen Ansatz? Wir schlagen Ihnen die folgenden fünf Schritte vor.

  1. Bestimmen Sie einen Projektverantwortlichen und legen Sie einen Zeitplan fest.
  2. Analysieren Sie die Ausgangslage.
  3. Legen Sie Ihre Ziele fest.
  4. Wählen Sie die geeigneten Mittel.
  5. Bewerten Sie Ihr Wissensmanagement.

Schritt 1: Bestimmen Sie einen Projektverantwortlichen und erstellen Sie einen Zeitplan

Ihre erste Aufgabe sollte sein, einen Verantwortlichen zu bestimmen, der in Ihrem Unternehmen die Einführung von Wissensmanagement plant und umsetzt. Dies kann ein einzelner Wissensmanager sein oder ein interdisziplinäres Projektteam, das sich aus fachlichen Mitgliedern, Wissensmanagern und Mitgliedern der Unternehmensführung zusammensetzt. Der Wissensmanager bzw. das Projektteam erstellt einen Zeitplan für die Einführung und Umsetzung des Projekts. Ernennen Sie außerdem einen Ansprechpartner für die Mitarbeiter, um für das Projekt in Ihrem Unternehmen zu werben und die Mitarbeiter über die Ziele und den aktuellen Stand zu informieren.

Pilotbereich

Der BMWi-Leitfaden „Fit für den Wissenswettbewerb“ empfiehlt, für die Einführung von Wissensmanagement zunächst einen Pilotbereich auszuwählen. Ein Pilotbereich eignet sich hervorragend, um zu zeigen, wie erfolgreich Wissensmanagement in Ihrem Unternehmen umgesetzt werden kann. Als Pilotbereich kommen eine Abteilung, ein Projekt oder ein Geschäftsprozess in Frage.4

Schritt 2: Analysieren Sie die Ausgangslage

Um Wissensmanagement erfolgreich einzuführen, müssen Sie zunächst den aktuellen Status des Wissensmanagements in Ihrem Unternehmen analysieren. Dafür gibt es unter anderem folgende Herangehensweisen:

Finden Sie heraus, welche Formen des Aufbaus, der Speicherung und des Austausches von Wissen in Ihrem Unternehmen bereits vorhanden sind und welche sich bewährt haben. Überprüfen Sie sie auf Beständigkeit und Zukunftsfähigkeit und verwenden Sie sie bei der künftigen Gestaltung Ihres Wissensmanagements. Das ProWis-Projekt, das im Rahmen der BMWi-Initiative „Fit für den Wissenswettbewerb“ entstand, bietet Instrumente zur eigenständigen Analyse und Diagnose des Umgangs mit Wissen in KMU.5

Eines dieser Instrumente ist der ProWis-Fitness-Check des Fraunhofer IPK. Das Fraunhofer-Institut empfiehlt, den Fragebogen von mehreren Mitarbeitern ausfüllen zu lassen. Anschließend führen Sie die Ergebnisse zusammen. Sie können sie später in einer ausführlichen Mitarbeiterbefragung vertiefen.

Um herauszufinden, wo Ihr Unternehmen gerade steht, können Ihnen auch folgende Fragen helfen:

1. Wo tut es am meisten weh?

  • Brauchen Sie für bestimmte Aufgaben immer wieder externe Mitarbeiter oder Berater, obwohl das teuer ist, weil Ihnen das entsprechende Wissen fehlt?
  • Ist die Einarbeitung neuer Mitarbeiter ein wiederkehrender mühsamer Prozess, den immer dieselben „alten Hasen“ übernehmen müssen, die eigentlich woanders gebraucht werden?
  • Ist Ihnen die Konkurrenz mit neuen Produkten oder Leistungen immer einen Schritt voraus?

2. Welches Wissen haben Sie und welches nicht?

  • Wissen Ihre Mitarbeiter, wie sie Standardaufgaben lösen sollen? Gibt es dafür einheitliche Prozesse oder Vorlagen?
  • Sitzt bestimmtes Wissen (Spezialwissen) in den Köpfen einiger weniger Mitarbeiter? Müssen diese persönlich gefragt werden, um an die Informationen zu gelangen?

3. Welche IT-Systeme haben Sie?

  • Welche IT-Systeme haben Sie bereits im Unternehmen? Nicht immer bedeutet Wissensmanagement, ein neues oder zusätzliches System einzuführen.

4. Welche Geschäftsprozesse und Aufgaben sind betroffen?

  • Über welche Geschäftsprozesse reden wir: Entwicklung, Administration, Vertrieb, Service?
  • Welche Aufgaben sind betroffen? Handelt es sich um ständig wiederkehrende Standardaufgaben? Dann sollte ein Schwerpunkt in der Speicherung von Wissen (Kodifizierung) liegen, z. B. in einem Call-Center. Oder müssen die Mitarbeiter eher vor allem gemeinsam wechselnde Probleme lösen? Dann ist ein Ansatz zur Personalisierung von Wissen besser geeignet, bei dem Wissensaustausch und Vernetzung der Mitarbeiter gefördert werden.
  • Haben Ihre Mitarbeiter viele gute Ideen? Bietet das Unternehmen ein Verfahren, um diese Ideen in die Prozesse oder Produkte aufzunehmen?

Um Ihre Unternehmensprozesse auf Wissensbedarf zu überprüfen, sollten Sie die diese genau unter die Lupe nehmen. Bei einem Unternehmen, das auf Projektbasis arbeitet, kann das z. B. der Prozess für die Durchführung von Projekten sein.

Unternehmensprozesse auf Wissensbedarf prüfen

In einem Workshop können Sie entlang dieser Prozesskette die Wissensfelder des Unternehmens analysieren:

  • Welches Basiswissen wird benötigt? Beispiele: Wissen zu betrieblichen Abläufen oder Strukturen
  • Welches Spezialwissen ist erforderlich? Beispiele: Verfahren, Methoden, Materialien, Technologie
  • Welches kritische Wissen benötigen Sie, also Wissen, das Sie vom Wettbewerber unterscheidet?
  • Welches Wissen wird zukünftig für diesen Schritt erforderlich sein?

Schritt 3: Legen Sie Ihre Ziele fest

In dieser Phase formulieren Sie die Ziele, die Sie mit Ihrem Wissensmanagement verfolgen. Die folgenden Fragen können Ihnen dabei helfen:

  • Was wollen Sie mit Wissensmanagement erreichen?
  • Warum ist für Ihr Unternehmen wichtig, Wissensmanagement einzuführen?
  • Welche Ergebnisse erwarten Sie langfristig von der Einführung von Wissensmanagement?
  • Welchen Einfluss hat das Wissensmanagement auf Ihre Wettbewerbsfähigkeit?

Wir unterscheiden drei Formen von Wissenszielen: normative, strategische und operative.6

Normative Wissensziele

Wissensmanagement sollte Bestandteil des Unternehmensleitbilds oder der Unternehmensvision sein. Die Verankerung im Unternehmensleitbild ist wichtig und unterstreicht das Engagement des Unternehmens. Außerdem bildet es die Grundlage für die Entwicklung von strategischen und operativen Wissenszielen.

Schon heute findet man in den Leitbildern verschiedener Unternehmen eine Verankerung des Wissensmanagements. Hier zwei Beispiele:

Strategische Wissensziele

Dies sind die langfristigen Ziele, mit denen Ihre Unternehmensvision verwirklicht wird. Strategische Wissensziele bestimmen die Wissensfelder des Unternehmens für die Zukunft. Welche Geschäftsfelder wollen Sie durch Wissensmanagement stärken? Welche Schwächen wollen Sie langfristig beseitigen, um die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens auszubauen?
Beispiele:

  • Bis zum Jahr 2017 sind wir im Bereich Erneuerbare Energien Kernkompetenzführer auf dem Markt.
  • Wir bauen bis zum Jahr 2015 unsere Fähigkeiten im Bereich SAP-Programmierung so aus, dass wir kein externes Know-how mehr einkaufen müssen.

Operative Wissensziele

Mit den operativen Wissenszielen bestimmen Sie, wie Ihre normativen und strategischen Ziele umgesetzt werden. Operative Ziele benennen konkrete Maßnahmen mit messbaren Ergebnissen und konkreten Mitteln.
Beispiele:

  • Unsere XML-Experten in der Technischen Dokumentation bauen einen Bereich mit DITA-Tutorials in der Wissensdatenbank auf und schreiben pro Jahr vier Wissensartikel.
  • Nach jedem Projekt machen wir eine Retrospektive und prüfen die Erfahrungen aus dem Projekt gegen unsere Liste der Standardprojektrisiken.
  • Wir bilden zwei Mitarbeiter im Bereich SAP-Programmierung aus.

Legen Sie Nicht-Ziele fest

Klären Sie aber auch, welche Ziele Sie nicht mit Ihrem Wissensmanagement-Projekt verfolgen. In der Studie „Fit für den Wissenswettbewerb“ wird eine In- und Out-Liste empfohlen.7 In der In-Liste führen Sie Ihre Projektziele auf, in der Out-Liste schließen Sie bestimmte Ziele aus. Damit können Sie unrealistische Erwartungen oder verdeckte Ziele vermeiden.

Schritt 4. Wählen Sie die Mittel

Für die Einführung von Wissensmanagement in Ihrem Unternehmen steht Ihnen ein großer Baukasten an Werkzeugen und Methoden zur Verfügung. Welche Sie auswählen, hängt von Ihren Anforderungen, Zielen und nicht zuletzt Ihren Mitarbeitern ab. Die Mittel müssen zu Ihrem Unternehmen und den Menschen passen. Wichtig ist auch, welche grundsätzliche Wissensmanagementstrategie Sie verfolgen: Personalisierung oder Kodifizierung.

  • Die Personalisierungsstrategie konzentriert sich auf die Verbesserung des direkten Austauschs von Wissen zwischen Personen. Technik spielt dabei nur eine unterstützende Rolle.
  • Die Kodifizierungsstrategie konzentriert sich auf die Technik, z. B. die IT-Systeme. Diese werden dafür genutzt, Wissen zu dokumentieren, zu speichern und zur Verfügung zu stellen.

In den meisten Fällen werden Sie mit einer Kombination aus beiden Strategien die besten Erfolge erzielen.

Methoden aus der Praxis

Es gibt viele Methoden, mit denen Sie die Entstehung von Wissen und den Umgang mit Wissen verbessern können. Im Folgenden stellen wir Methoden vor, die sich in der Praxis bewährt haben und sich am Wissenskreislauf von Probst8 ausrichten: Wissen erzeugen, speichern, verteilen, anwenden und verlernen.

Der Wissenskreislauf nach Probst

Wissen erzeugen

Neues Wissen im Unternehmen kann auf verschiedene Weise gebildet und vermittelt werden:9

  • Action Learning: Dies ist eine Methode des Erfahrungslernens (learning by doing). In einem Action-Learning-Programm arbeitet ein Team an einem konkreten, für das Unternehmen relevanten Projekt und reflektiert gleichzeitig über den Lernprozess im Projekt. Action Learning kann für Lernprojekte und Forschungsprojekte angewendet werden.
  • Schulungen: Wissen wird Mitarbeitern und Kunden direkt vermittelt.
  • Coaching: Mithilfe von Coachingprogrammen wird unter anderem neuen Mitarbeitern Wissen vermittelt.
  • Wissens-Tandems: Erfahrungen und Wissen werden zwischen zwei Mitarbeitern mit unterschiedlichen Erfahrungen ausgetauscht, z. B., wenn ältere Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Der neue Mitarbeiter verbringt einen Teil der Arbeitszeit mit dem älteren. So geht das Wissen der älteren Mitarbeiter nicht verloren.10
  • Wissenstransfer: Hier handelt es sich um die Kommunikation zwischen Experten und Laien oder zwei Experten. Bei den Kommunikationspartnern kann es sich um einzelne Personen oder Gruppen handeln. Der Wissenstransfer kann dabei von beiden Seiten ausgehen.11

Wissen speichern

Wissen in Unternehmen kann auf verschiedene Weise gespeichert sein:

  • in Wissensdatenbanken
  • in Expertenverzeichnissen
  • in standardisierten Prozessen und Abläufen

Wissensdatenbanken: Hier kann es sich um unterschiedliche Systeme handeln: ein ERP-System, ein Dokumentenmanagementsystem, Dokumente auf einem Server oder ein Wiki. Allerdings gibt es bei der Speicherung von explizitem Wissen in Wissensdatenbanken eine Reihe von Herausforderungen:

  • Viel Text wird nicht gern gelesen.
  • Informationen müssen leicht auffindbar sein.
  • Informationen müssen immer aktuell sein.
  • Zugriffsrechte müssen definiert werden.
  • Der Zweck der Information muss sich sofort erschließen.
  • Die Qualität und Struktur muss für alle Dokumente und Artikel gleich sein.
  • Gutes Schreiben kostet Zeit.

Expertenverzeichnisse: Expertenverzeichnisse dienen Mitarbeitern dazu, Experten eines bestimmten Fachgebiets zu finden. Bei diesen Verzeichnissen kann es sich um verschiedene IT-Systeme handeln, z.B. Sharepoint oder ein Wiki.

Standardisierte Prozesse und Abläufe: Zum Erfassen und Speichern von Wissen gehört auch, die Prozesse des Unternehmens zu standardisieren und zu dokumentieren. So stellen Sie sicher, dass verschiedene Mitarbeiter dieselben Abläufe auf die gleiche Art und Weise absolvieren. Für die Dokumentation von Prozessen können Sie spezielle Prozessmodellierungswerkzeuge wie ARIS oder ADONIS verwenden. Die Modellierung ist aber auch innerhalb von Wikis12 oder mit freien BPMN-Tools möglich.13

Wissen verteilen

Wissensmanagement im Unternehmen kann nur gelingen, wenn das dokumentierte Wissen auffindbar ist, geteilt werden kann und die Mitarbeiter sich vernetzen können. Dafür gibt es unter anderem folgende Methoden:

  • Abonnements. Mithilfe von Abonnements informieren sich die Mitarbeiter über neue Artikel in der Wissensdatenbank, Projekte oder andere Mitarbeiter. Wichtig ist, dass die Nutzer die Informationsquellen und -intervalle selbst bestimmen können und automatisch informiert werden. Beispiele:
  • RSS-Feeds auf Wiki-Seiten. Automatische Benachrichtigungen bei Änderungen von Artikeln in der Wissensdatenbank
  • News im Firmen-Intranet. Anzeige der zuletzt bearbeiteten Seiten im Wiki
  • Diskussionsforen. In Foren können Nutzer interaktiv Informationen austauschen. Diskussionsforen können z. B. im Intranet, in Blogs oder in Schulungsplattformen integriert werden.
  • Retrospektiven für Projekte, Lessons Learned. In jedem Projekt werden neue Erkenntnisse gewonnen. Retrospektiven können dazu dienen, die „learned lessons“ zu dokumentieren und sie mit anderen oder künftigen Projektteams zu teilen.
  • Projektaustauschmeetings. Nicht immer müssen alle Mitarbeiter oder Projektbeteiligten an einem Meeting teilnehmen. Häufig genügt es, dass sich die direkt am Projekt beteiligten oder betroffenen Mitarbeiter austauschen.
  • Know-how-Lunch. Während eines vom Unternehmen gesponserten Mittagessens präsentiert ein Mitarbeiter sein Wissen, z. B. über Tools, Vorgehensweisen oder Projektmanagement.
  • Lunch-Karussell. Zwei Mitarbeiter aus verschiedenen Unternehmensteilen gehen miteinander essen, damit sich Kontakte zwischen verschiedenen Abteilungen entspannen.
  • Communities of practice. Wissensnetzwerke, in denen sich Mitarbeiter zu einem fachlichen Thema unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einem Standort oder einer Abteilung austauschen können.  Siemens stellt z. B. mit Technoweb seinen Mitarbeiter ein Netzwerk zur Verfügung, in dem fachliche Inhalte mit Ansprechpartnern verknüpft werden.14

Wissen anwenden

Geben Sie Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, ihr Wissen zu nutzen und ihre Erfahrungen an andere weiterzugeben. Dafür bieten sich folgende Möglichkeiten an:

  • Arbeit im Team
  • Wechselnde Projekte in unterschiedlichen Abteilungen (Job Rotation)
  • Anwendung von Best Practice, „Lessons Learned“ (Projektdatenbank nutzen)

Wissen verlernen

Wissen veraltet oder wird durch veränderte Bedingungen nicht mehr benötigt. Deshalb ist es wichtig, dass Sie zulassen, dass Wissen verlernt oder aus dem Wissensbestand des Unternehmens entfernt wird. Das gespeicherte Wissen muss regelmäßig auf Aktualität und Relevanz überprüft werden.

Wenn Sie ein Wiki als Wissensdatenbank nutzen, brauchen Sie dazu einen oder mehrere fähige Wiki-Gärtner, die veraltete Inhalte entfernen oder aktualisieren und neue Inhalte aufnehmen.

Der individuelle Mix im ganzheitlichen Ansatz

Welche der oben genannten Methoden Sie anwenden, hängt von den individuellen Anforderungen Ihres Unternehmens ab. Meistens werden Sie einen Mix verwenden. Achten Sie jedoch darauf, dass sich Ihre Methoden an den drei Kategorien des Wissensmanagement ausrichten: Mensch, Organisation, Technik.

Der individuelle Mix im ganzheitlichen Ansatz © parson, Analtoly Maslennikov, coramax - Fotolia

Kategorie Mensch

  • Die Technik muss dem Menschen dienen und nicht umgekehrt.
  • Schulen Sie Ihre Mitarbeiter.
  • Fördern Sie Zusammenarbeit und Beziehungen zwischen Ihren Mitarbeitern, auch über Abteilungsgrenzen hinweg
  • Bestimmen Sie Offenheit und Teilen von Wissen als Werte und erstrebenswerte Ziele.
  • Nehmen Sie Wissensmanagement als persönliches Ziel für die Mitarbeiter auf. Schaffen Sie Anreizsysteme, z. B. monetär oder durch Gamification.
  • Stellen Sie sicher, dass sich das Management aktiv beteiligt.
  • Beziehen Sie Datenschutzbeauftragte und Personalrat mit ein.

Kategorie Technik

  • Nutzen Sie ein IT-System oder das Zusammenspiel mehrerer Systeme, die genau voneinander abgegrenzt sind.
  • Bauen Sie Ihr Wissensmanagement-Portal so auf, dass zentrale Funktion im Unternehmen abgebildet werden, z. B. das Starten von Projekten, das Überprüfen von aktuellen Aufgaben oder auch der Kantinenplan. So fördern Sie die aktive Nutzung des Portals.
  • Fördern Sie die Kommunikation zwischen den Benutzern des Wissensmanagement-Portals.
  • Rücken Sie die Bedienungsfreundlichkeit der technischen Lösungen in den Vordergrund.

Kategorie Organisation

  • Standardisieren Sie Ihre Prozesse, aber gestalten Sie sie flexibel und änderbar.
  • Investieren Sie Zeit und Geld, um den Austausch zwischen den Mitarbeitern zu fördern.
  • Schaffen Sie Zeit für Wissensmanagement. Verankern Sie es als regelmäßige Tätigkeit.
  • Integrieren Sie Wissensmanagement organisatorisch richtig (interdisziplinär und direkt unter der Geschäftsleitung, nicht primär in der IT-Abteilung). Benennen Sie einen verantwortlichen Wissensmanager oder ein Projektteam.
  • Integrieren Sie Wissensmanagement in die anderen Geschäftsprozesse.

Schritt 5. Bewerten Sie Ihr Wissensmanagement

Sie haben ein Wissensmanagement-Projekt in Ihrem Unternehmen umgesetzt.  Doch wie erfolgreich ist es? Überprüfen Sie Ihre Ergebnisse möglichst zeitnah, um das laufende Projekt anzupassen oder neue Ziele zu formulieren. Nutzen Sie für die Überprüfung auch die Methoden, mit denen Sie vor der Einführung des Projekts Ihren aktuellen Wissensmanagement-Stand analysiert haben.

Falls Sie zunächst ein Pilotprojekt gestartet haben, werten Sie dieses aus. Konzentrieren Sie sich dabei auf die verantwortlichen Mitarbeiter, die am Projekt beteiligt waren. Nutzen Sie Projekt-„De-Briefings“, um das Projekt auszuwerten und die Ergebnisse in sogenannten “Lessons Learned” weiterzugeben.

Die Wissensbilanz

Wie erfolgreich Ihr Wissensmanagement-Projekt ist, können Sie auch bewerten, indem Sie das intellektuelle Kapital messen. Das intellektuelle Kapital besteht aus Humankapital, Beziehungskapital und Strukturkapital:

  • Humankapital umfasst unter anderem die Fähigkeiten, Fertigkeiten, Verhaltensweisen und Motivation der Mitarbeiter. Das Humankapital ist im Besitz der Mitarbeiter, die ihr Wissen nach Hause oder auch zum nächsten Arbeitgeber mitnehmen.
  • Beziehungskapital stellt die Beziehung zu Kunden und Lieferanten sowie zu sonstigen Partnern und der Öffentlichkeit einer Organisation dar.
  • Strukturkapital beinhaltet all jene Strukturen und Prozesse, die die Mitarbeiter benötigen, um produktiv und innovativ zu sein, also z. B. Prozessbeschreibungen, die Organisation in Abteilungen und Teams sowie Vorlagen. Das Strukturkapital bleibt bestehen, wenn die Mitarbeiter nach der Arbeit die Organisation verlassen.

Das intellektuelle Kapitel können Sie mithilfe einer Wissensbilanz messen. Die Wissensbilanz wird in acht grundsätzlichen Arbeitsschritten mit einem Wissensbilanzteam (interdisziplinär) erstellt. Dieser Prozess kann in drei ganztägigen Workshops vonstattengehen, sollte aber eine Gesamtdauer von acht Wochen nicht überschreiten.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie stellt mit seiner Initiative „Fit für den Wissenswettbewerb“ zwei nützliche Instrumente zur Erstellung einer Wissensbilanz zur Verfügung: die Wissensbilanz-Toolbox und den Leitfaden „Wissensbilanz – Made in Germany“.

Die Wissensbilanz-Toolbox ist eine Software, die die Dateneingabe vereinfacht und die Auswertung Ihrer Wissensbilanz automatisiert. Sie unterstützt Sie bei der Erfassung der erfolgskritischen Faktoren und Indikatoren, visualisiert die Ergebnisse und erstellt Berichte – bis hin zum vollständigen Wissensbilanzbericht.

Der Leitfaden „Wissensbilanz – Made in Germany“ bietet in acht Schritten eine praktische, schrittweise Hilfestellung bei der Erstellung Ihrer Wissensbilanz.

Video file
Präsentation zum Thema auf der UA Writers conference 2015 in Southampton, UK

Fußnoten

  1. Quelle: Frost, Jetta, Fallstudie II. Wissen und Intellektuelles Kapital bei Skandia, Zürich, 2000, S. 1
  2. CEN/ISSS: Europäischer Leitfaden zur erfolgreichen Praxis im Wissensmanagement, Brüssel, 2004, S. 10
  3. Wirtschaftskammer Österreich, Wissensmanagement für KMU, Wien, 2009/2010, S. 8
  4. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Fit für den Wissenswettbewerb, Berlin, 2013, S. 12
  5. Fraunhofer: ProWis, Wissensmanagement-Analysemethoden, http://www.prowis.net/prowis/?q=analyseinstrumente (Download 14.3.2014)
  6. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Fit für den Wissenswettbewerb, Berlin, 2013, S. 7
  7. Probst, G.; Raub, S.; Romhardt, K. Wissen managen, 2010.
  8. Fraunhofer: ProWis Lösungsbox, http://www.prowis.net/prowis/?q=loesungsbox (Download 14.3.2014)
  9. Initiative Neue Qualität der Arbeit, iat info.iatge.de/inkas_mark/docs_instr/ instrument_wissenstandem.doc, S. 1‎ (Download 14.3.2014)
  10. Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenstransfer (Download 14.3.2014)
  11. Siehe z. B. www.semantic-apps.com/de/start
  12. Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Business_Process_Model_and_Notation
  13. Mörl, Susanne; Heiss, Michael; Richter, Alexander: Wissensvernetzung mit TechnoWeb 2.0, Schriftenreihe zu Enterprise 2.0-Fallstudien, Nr. 09, 2011

Quellen

  • Blick, M.: Personalisierung, Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, Online-Lexikon,  https://wi-lex.de/index.php/lexikon/informations-daten-und-wissensmanagement/wissensmanagement/wissensmanagement-strategien-des/personalisierung/, Download 20.9.2022
  • Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Fit für den Wissenswettbewerb. Wissensmanagement in KMU erfolgreich einführen, Berlin, 2013
  • Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Wissensbilanz – Made in Germany, Leitfaden 2.0 zur Erstellung einer Wissensbilanz, Berlin, 2013
  • CEN/ISSS: Europäischer Leitfaden zur erfolgreichen Praxis im Wissensmanagement, Brüssel, 2004, S. 10
  • f-bb (Forschungsinstitut Betriebliche Bildung): Ziele des Wissensmanagements, https://www.f-bb.de, Download 14.3.2014
  • Fraunhofer: ProWis, Fitness Check, www.prowis.net/prowis/?q=content/fitness-check, Download 14.3.2014
  • Fraunhofer: ProWis, Wissensmanagement-Analysemethoden, http://www.prowis.net/prowis/?q=analyseinstrumente, Download 14.3.2014
  • Frost, Jetta: Fallstudie II. Wissen und Intellektuelles bei Skania. 2. Universität Zürich, Institut für betriebswirtschaftliche Forschung, 2000, S. 1
  • Initiative Neue Qualität der Arbeit: Instrument: Wissenstandem, https://www.iat.eu/‎, Download 14.3.2014
  • Linde, F.: Wissensmanagement: Ziele, Strategien, Instrumente, in Müller-Christ, G., Hülsmann, M. (Hrsg.), Modernisierung des Managements, Festschrift für Andreas Remer zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 2004, S. 301 – 342
  • Mörl, S., Heiss, M, Richter, A.: Siemens: Wissensvernetzung mit TechnoWeb 2.0, Schriftenreihe zu Enterprise 2.0-Fallstudien Nr. 09, in: Back A. et al (Hrsg.) München/St. Gallen/Koblenz/Frankfurt, 2011
  • Pawlowsky, P., Gözalan, A., Schmid, S. : Wettbewerbsfaktor Wissen: Managementpraxis von Wissen und Intellectual Capital in Deutschland, Technische Universität Chemnitz, FOKUS prints 08/11
  • Probst, G.; Raub, S.; Romhardt, K.: Wissen managen, FAZ/Gabler, Wiesbaden und NZZ/Gabler, Zürich, 2010
  • TechSphere. Die Informationsplattform für Management, Strategien und Konzepte: Konzepte des Wissensmanagements, http://www.techsphere.de/pageID=wm04.html, Download 14.3.2014
  • Wikipedia: Wissenstransfer, http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenstransfer, Download 14.3.2014
  • Wikipedia: Business Process Model and Notiation, http://de.wikipedia.org/wiki/Business_Process_Model_and_Notation, Download 14.3.2014
  • Wirtschaftskammer Österreich: Wissensmanagement für KMU, Wien, 2009/2010, S. 8

 

 

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